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Ich hab grad einen merkwürdigen Artikel gelesen. Er ist zwar schon von 2013, aber trotzdem leider nicht weniger aktuell. In dem Beitrag geht es um eine fertige Germanistik-Studentin, die bei einem so genannten ‚Bewerbungshelfer‘, der kolumnenartig den Doktor Sommer für überforderte Absolventen spielt, Rat sucht, wie es für sie beruflich weiter gehen könnte. Die Antwort dieses ‚Bewerbungshelfers‘ fällt so aus, wie ich es mir auch schon einige Male von anderen Menschen als Tipps für mein Leben anhören konnte. Überhaupt fühle ich mich als frisch fertig Gewordene wie eine Langzeitsarbeitslose, die schwer vermittelbar ist oder die letzten Jahre im Knast gesessen hat. Vielleicht muss ich mich deshalb hier grad immer wieder korrigieren, um nicht ‚Bewährungshelfer‘ zu schreiben… Der Tenor der Antwort dieses Beraters oder als was auch immer er sich sieht, schreit einen mit seiner herablassenden Art geradezu ins Gesicht, dass man unnütz ist und, wenn man ’so weiter macht‘, auch niemals als nützlich angesehen werden wird. Die Kommentare unterhalb des Artikels sind in einer Vielzahl meiner Meinung, was die teils menschenverachtende Haltung des Schreibers angeht. Das beruhigt mich. Allein der Titel des Beitrags ist genau das, wie manche Leute, die sich in völlig anderen Berufsfeldern bewegen, mir entgegen treten. Such dir mal einen Erwachsenenjob. Ach so! Sowas, wie du machst? Den ganzen Tag irgendwas tun, Lebenszeit gegen Geld tauschen, schlafen gehen, aufstehen, weiter machen. Bis Wochenende ist. Montag wieder dasselbe. Hoffen, dass bald der Urlaub ansteht. Und vor allem Leuten wie mir erzählen, wie schwer sie es haben, all diese Stunden des Tages in diesem Job arbeiten zu müssen/zu arbeiten. Jährlich grüßt nicht nur das Murmeltier. Das ist also so ein…Erwachsenenjob? Dann aber am Samstag Sportschau gucken und Menschen anfeuern, die das große Glück hatten, mit über den Rasen laufen und gegen einen Ball treten Geld verdienen zu können? Quasi das Hobby zum Beruf machen. Haben die auch einen Erwachsenenjob? Die sind cool, ne? Weil die manchmal bei Interviews keinen geraden Satz sprechen können. Aber da kann man auch mal ins Stadion und grölen und mal wieder so richtig heulen, während man zu Hause der Erwachsene ist.

Ich kenne da so einige Leute, die mir regelmäßig erzählen müssen, dass sie immerhin 8-9 Stunden gearbeitet haben und was ich denn in der Zeit getan hätte? Es ist auffällig, wie unzufrieden der Großteil von denen ist und dass sie sich darüber definieren, wie schwer sie es haben und dass das aber eben das Leben ist. Klar, ich beschwer mich auch. Oft. Und sicher nicht immer zu Recht. Aber die Frage ist erneut: Wieso ist es so unerträglich für einige Menschen, dass andere Leute auf ihre tatsächlichen Bedürfnisse hören möchten, um dieses eine Leben möglichst optimal für sich zu nutzen? Dass es Durststrecken gibt, dass man auch mal Dinge tun muss, die nicht die erste Wahl sind – habe ich auch schon gehabt, habe ich auch schon gemacht. Toiletten und Hintern putzen für lau? Been there. Done it. Mich nervt dieses Aufrechnen, wer es schlimmer im Leben getroffen hat. Dieses sich sonnen in der eigenen Unzufriedenheit und der vermeintlichen Unfähigkeit, diesen Zustand ändern zu können oder ändern zu wollen. Es fällt mir durchaus auch schwer, in einigen Situationen positiv zu sein oder das Schöne sehen zu wollen. Meist relativiert man dann seinen eigentlichen Zustand vor Anderen, weil man niemanden belasten will und es sich manchmal sicherlich auch übertrieben anhört, was einem so für Gedanken durch den Kopf geistern. I’m sinking in the quicksand of my thoughts. Das an sich finde ich nicht wirklich schlimm, weil es irgendwie menschlich ist, dass man nicht möchte, dass es Anderen wegen einem selbst nun auch schlecht geht. Zum Glück habe ich aber eine Menge guter Menschen um mich herum, die sich meine Gedanken dann doch anhören, ohne mich zu werten. Im Gegenzug versuche ich, ihre Zuwendung nicht auszureizen und vor allem nicht für selbstverständlich zu nehmen. Es gibt allerdings auch einige, die diese Unzufriedenheit als Masche entwickelt haben.  Die sich eine Kuhle aus Unzufriedenheit gegraben haben und sich darin suhlen, wann immer es ihnen einen zwischenmenschlichen Vorteil bringt.

Die gesellschaftliche Grundhaltung werde ich nicht ändern können und ich habe manchmal das Gefühl, wirklich ohnmächtig zu sein, in Bezug auf meine Existenzberechtigung und meine Zukunftsplanung. Aber trotzdem weiß ich, dass es viele da draußen gibt, denen es wie mir geht und die sich auch für ein Studium in Quatsch entschieden haben und die nicht umschulen müssen auf Banker oder Jurist. Was zudem oft vergessen wird: Was ist, wenn wirklich jeder nur noch wirtschaftlich effiziente Arbeit leistet? Ist das dann das Ideal? Haben wir es dann geschafft? Dann würde sich vermutlich keiner mehr unbedingt darüber beschweren, dass ich zu viele Bücher habe, die beim Umzug zu zu vielen Kartons führen. Klingt nach einem Filmplot für Halloween. Und ich verweigere mich so einem Szenario mit meinem ganzen krüppeligen Schöngeistherz.

Meine two Cents für heute wieder. Übernommen vom Jobcenter.

 

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(Das ganze Buch ‚Adulthood is a Myth‘ von Sarah Andersen habe ich neulich von meinem großartigsten Freund bekommen. Ich glaube, Sarah ist heimlich mit mir verwandt…kauft es!)